Historische Impressionen
Gründung und Anfänge des TVE
Es braucht bestimmt besonderen Wagemut und grossen Pioniergeist im Kriegsjahr 1915 einen Verein ins Leben zu rufen. Doch die grosse Ungewissheit der Zukunft konnte einige junge Mannen in Erschwil nicht abhalten, einen Turnverein zu gründen. Am 29. November 1915 fand die Gründungsversammlung statt und bereits am 16. Dezember des gleichen Jahres liess der junge Verein die Statuten genehmigen.
Die damalige Zweckbestimmung lautete "... allseitige körperliche Ausbildung seiner Mitglieder, Pflege treuer Kameradschaft sowie die Hebung und Verbreitung des Turnens zu Nutz und Frommen des Vaterlandes...." Manch junger Turner von heute kann vielleicht ein Schmunzeln nicht verkneifen beim Lesen der letzten Zeilen. Trotzdem kann man behaupten, dass der Turnverein Erschwil diesem Leitsatz bis zum heutigen Tag gefolgt ist. Die Spitze des Vereins übernahm damals als erster Präsident Linus Christ und als erster Oberturner wurde Ferdinand Saner gewählt. Der Vorstand wurde komplettiert durch Leo Borer (Aktuar), Pius Logo (Kassier) und Linus Borer (Materialverwalter). 10 weitere Personen erklärten zudem den Beitritt zum Verein: Paul Heizmann, August Borer, Walter Borer (Schreiners), Ernst Schaller, Robert Borer, Max Borer, Gottlieb Bader, Emil Borer, Walter Borer (Josefs) und Emil Ankli.
Es mussten erste Anschaffungen an Geräten ins Auge gefasst werden. Es wurden gekauft:
- 1 Barren, sehr gut erhalten CHF 100.-
- 1 Doppelpaar Schwingerhosen CHF 12.-
- 12 Keulen CHF 10.-
- 1 Sprungschnur CHF 5.-
Das Reck, bestehend aus zwei Eichenpfosten und einer Eisenstange stellten die Turner selbst her. Ein Eintrittsgeld von 2 Franken, damit war die Verabreichung des Turnerbandes verbunden, Monatsbeiträge von 40 Rappen für die Aktiven, 20 Rappen für die Mitturner, der Jahresbeitrag von 2 Franken für die Passiven, Bussen und eventuelle Überschüsse bei Anlässen bildeten die Haupteinnahmen für die Vereinskasse.
Schon 1917 - 2 Jahre nach der Gründung - wagte die junge Sektion die Durchführung des Verbandsturnfestes Birstal und Umgebung. Auch die Wirtschaftskrise in den Zwanzigerjahren konnte dem frischgebackenen Verein nicht viel anhaben. Ein neuer Präsident - Pius Logo - und ein neuer Oberturner - Willi Wohlgemuth - übernahmen die Verantwortung und steckten sich das hohe Ziel: Besuch des Kantonalen Turnfests in Olten. Doch ohne Fahne, konnte man doch nicht ein so grosses Fest besuchen. Somit entschloss man sich kurzerhand, eine solche anzuschaffen. Am 6. Juni 1920 wurde in würdigem Rahmen die neue Fahne eingeweiht. Patensektion war der Turnverein Laufen. Die Erschwiler Turner enttäuschten nicht und kehrten kranzgeschmückt von Olten nach Hause zurück, wo ihnen die Bevölkerung einen grossen Empfang bereitete.
Der Erfolg wirkte sich auf die Weiterentwicklung des Vereins günstig aus. Weil es 1922 aus finanziellen Gründen nicht möglich war, am Eidgenössischen Turnfest in St. Gallen teilzunehmen, so wurde seither kein einziges Turnfest mehr ausgelassen. Immer wieder liest man von Leistungssteigerung und der Erfolg blieb nie aus. Während sich die Präsidenten in den Zwanziger - und Dreissigerjahren öfters ablösten, waren die Oberturner konstanter und ausdauernder. Nach 10-jähriger Tätigkeit machte Willi Wohlgemuth dem jungen, spritzigen Lehrer Walter Köninger Platz.
Das Skifahren wurde Mode und bot eine willkommene Abwechslung zum Turnbetrieb. Es wurde die Untersektion Skiriege gegründet, welche später zu einem selbstständigen Verein mutierte. Die Erfolge im Turnverein rissen nicht ab und der TVE wurde ein ernst genommener Gegner. Mit der neuen Turnhalle, welche im Jahr 1932, als einzige im Bezirk, unserem Verein zur Verfügung stand, konnte auch ein intensiveres Wintertraining durchgeführt werden.
Das Korbballspiel, welches vom TVE eingeführt wurde, gab auch unserem Oberturner eine weitere Möglichkeit, das Turnprogramm abwechslungsreicher zu gestalten. Bald brachten es die jungen Burschen auch in dieser Sparte zu grossen Erfolgen und Ehren. 1943 übernahm der spätere Amman Werner Heizmann die Vereinsspitze und führte mit Walter Köninger den Verein über die Klippen der Kriegs- und Nachkriegszeit. Die beiden Turner brachten das Kunststück fertig, den Turnverein weiterhin von Sieg zu Sieg zu führen. 1948 wurde Köninger von Georg Bergmann abgelöst. Georg verstand es ausgezeichnet, durch sein frohes Gemüt, dem Turnverein auch in kameradschaftlicher Hinsicht das Gepräge zu geben. Auch in Niederlagen liess sich Georg nicht entmutigen und zog trotzdem mit frohem Gesang mit seiner Sektion vom Kampfgelände. Sein Nachfolger war der heutige Ammann Walter Borer. Ein Turner und ein Könner wie es nicht viele gibt. Als Allrounder konnte er den Anvertrauten alle Sparten des Turnens und Spielens beibringen und war auch Vorbild. Dass unsere drei letzten Oberturner Köninger, Bergmann und Walter Borer Meister ihres Faches waren, zeigte sich darin, dass sie ihr Wissen und Können als Verbandsoberturner unter Beweis stellen konnten. Mit Walter Borer und Fritz Heizmann stand der Turnverein in der Blüte seines Daseins und man glaubte kaum, dass es noch weiter aufwärts gehen könnte.
Das Korbballspiel wurde bald einmal zur Hauptsache im Vereinsgeschehen und trotzdem litt das Sektionsturnen nicht darunter, was an den nachfolgenden Turnfesten unter Beweis gestellt wurde. Mit Hubert Christ als Präsident und Kurt Borer als Oberturner kamen zwei Förderer des Korbballspiels an die Vereinsspitze. Es stellten sich Erfolge auf kantonaler wie auf eidgenössischer Ebene ein. 1960 erstmals Kantonalmeister und 1963 der damalige Höhepunkt - Turnfestsieger im Korbball am Eidgenössischen Turnfest in Luzern.
Immer noch unter der Leitung von Walter Borer konnten wir 1962 den ersten Rang am Kantonalen Turnfest erobern. Mit 28 Turner erreichten wir ein Punktetotal von 146.83 und dies als ausgesprochene Gerätesektion. Das Eidgenössische Turnfest in Aarau gab den Gegnern des Geräteturnens recht und es wurde nun speziell auf Korbball gesetzt. Doch auch an diesem Aargauer Eidgenössischem konnten unsere Spieler einen Erfolg verbuchen und wurden zum zweiten Male Turnfestsieger.
In der Zwischenzeit wurde ein neuer Präsident gewählt, Erwin Altermatt übernahm das Zepter. Er hat die ausgesprochene Fähigkeit, die jungen Burschen zu begeistern. Die Erfolge blieben auch unter seiner Vereinsführung nicht aus. Der TVE förderte das Korbballspiel vermehrt und arbeitete Meisterschaften aus. Die erste Schweizermeisterschaft fand im Jahre 1973 statt und wurde erstmals über mehrere Runden ausgetragen. In verbissenen, harten Kämpfen gelang es unserer ersten Mannschaft, den ersten Korbball-Schweizermeistertitel nach Erschwil zu bringen. Es galt, 1974 diesen Titel zu verteidigen, was unseren Jungs auf steinigem und teilweise nervenaufreibendem Weg gelang. In der Sparte Korbball hat sich unser ehemaliger Präsident Paul Wyss auf Eidgenössischem Boden einen Namen gemacht und man darf ihn als Fachmann bezeichnen.
Wenn sich das Korbballspiel in unserer Region und vor allem in unserem Verein sehr breit gemacht hat und die damals angeschafften Schwingerhosen irgendwo auf den Lorbeeren ausruhen, so sind wir Erschbler Turner der Zwecksbestimmung von 1915 nicht abgewichen. Vielleicht blieb uns gerade deshalb der Erfolg so treu. Durch die Pflege treuer Kameradschaft, die Hebung und Verbreitung des Turnens, oder anders gesagt, durch die Aktivität der Vereinsleitung und der Mitglieder, blieb unser Verein bis heute gesund und stark. Wir sind überzeugt, dass jeder Verein, welcher der Jugend etwas zu bieten hat und es auch bietet, um seinen Fortbestand nicht bangen muss. Wir Turner danken unseren Vorfahren, für den immer geltenden Grundsatz, den sie uns in die Wiege gelegt haben und uns zu unseren Erfolgen geholfen haben.
Warum "Schnägge"?
Es ist eine dieser Fragen die immer mal wieder gestellt wird: Warum nennt man uns Erschwiler eigentlich "Schnägge"? Im Erschwiler Dorfbuch erzählt der Autor Simon Lutz eine Geschichte von einem beliebten Pfarrer, welcher auf den Bittgängen Mühe hatte, das Tempo mitzuhalten. Die Pilger passten sich dem Pfarrer an und kamen demzufeolge nur langsam voran. So sei den Erschwilern jeweils spöttisch zugerufen worden: "d' Schnägge chömme".
Ich glaube eher, dass es früher üblich war, den Gemeinden einen beliebigen Spottnamen nachzurufen. Warum heissen denn die Bärschwiler "Schnitz"? Die Nunninger "Schlüch"? Die Breitenbacher "Hirzechäfer"? Und hatten denn die Bürner und Dittinger auch einen dicken Pfarrer der langsam war? Denn auch sie nennt man "Schnägge".
Dem Turnverein konnte man jeweils nicht nachsagen, langsam zu sein. Denn es wurden an Spieltagen im Pendelstaffettenlauf einige Siegespokale gewonnen und einige gute Sektionsresultate wurden dank sehr guten 100 Meter Läufen eingefahren. Doch trotz socher Resultate nannte man auch uns Turner liebevoll "d Schnägge" - bis heute.